Ein silbern A B C


Aus nichts wird nichts, das merke wohl, wenn aus dir etwas werden soll.
Betrüge nicht; du hast nicht Rast - - noch Ruh, wenn du betrogen hast.
Cränz´ einen Welterob´rer nicht, schlepp´ lieber ihn zum Hochgericht.
Dring´ und durchdringe die Natur; wer sie durchdringt, beherrscht sie nur.
Erleuchtet das Jahrhundert ist; der Esel Stroh und Disteln frißt.
Fahr´ nicht zu hoch her, eit´ler Mann, noch hast du´s letzte Hemd nicht an.
Greif´ nicht leicht in ein Wespennest; doch wenn du greifst, so stehe fest.
Häng´ an die große Glocke nicht, was jemand im Vertrauen spricht.
Im Anfang war die Erde leer, am Ende sind´s die Köpfe mehr.
Jetzt nehme dieses zu Gehör, ein gutes Wort hilft oftmals mehr.
Kratz´ nicht im Staube wie ein Tier, der Kopf sitzt ja noch oben dir.
Leih´ dem in Not und sei bereit, so hast du zwei zugleich erfreut.
Merk´ auf die Stimme tief in dir, sie ist des Menschen Kleinod hier.
Nichts ist so elend als ein Mann, der alles will, und der nichts kann.
Oft galt das Faustrecht statt der Pflicht, in unsern Jahren gilt es nicht.
Parabeln sind wohl fein und schön, doch muß sie einer auch verstehn.
Querfeldein braust der Waldstrom wohl; der Bach am Wege bleiben soll.
Recht halte heilig bis in den Tod, so bleibt ein Freund dir in der Not.
Sir Newton war ein großer Mann, ein Tropfen aus dem Ozean.
Trag deine Tugenden nicht Schau, und ehr´ und liebe deine Frau.
Und wenn sie alle dich verschrei´n, so wick´le in dich selbst dich ein.
Vor Kritikastern hüte dich; wer Pech angreift, besudelt sich.
Wer Pech angreift, besudelt sich; vor Kritikastern hüte dich.
Xerxes verließ sich auf sein Heer, allein das Heer auf ihn nicht sehr.
Ygrek ein böser Buchstab´ ist; bei ihm hilft nicht Gewalt noch List.
Zuletzt nehm´t noch die Warnung an, daß keinem Schelm man trauen kann.

Matthias Claudius, 1740 bis 1815 - revidiert von Peter Kahllund, Rosendahl 1994

zurück in den Mai