König der Vögel
Einst, im ersten Zeitalter, kamen die Menschen zusammen, wählten einen stattlichen, schönen, Achtung gebietenden und in jeder Hinsicht vollkommenden Mann aus und machten ihn zum König. |
Auch die Vierfüßler kamen zusammen und machten den kraftvollen Tiger zum König, und die Fische in dem großen Meere machten den Fisch, der Änanda heißt, zu ihrem König. |
Dann kamen die Vogelscharen auf einer Felsplatte in einer Gegend des Himalaja zusammen und sagten:
"Bei den Menschen gibt es einen König, ebenso bei den Vierfüßlern und bei den Fischen, aber bei uns gibt es keinen König. Es ist nicht gut, ohne Obrigkeit zu leben. Wir müssen auch einen König bekommen. Wißt ihr einen, den man zum König machen könnte ?"
Sie sahen sich also nach einem solchen Vogel um, und es gefiel ihnen eine Eule."Diese gefällt uns", sagten sie. |
Da stellte nun ein Vogel, um die Ansichten aller zu erforschen, dreimal den Antrag. Beim dritten Antrag erhob sich eine Krähe, nachdem sie zwei Anträge des Antragstellers ruhig angehört hatte, und rief: "Halt, jetzt, wo diese zum König gekrönt wird, zeigt sie schon so ein Gesicht ! Was für eins wird sie erst machen, wenn sie zornig ist ! Denn wenn sie uns voller Zorn ansieht, werden wir nach allen Richtungen auseinanderstieben wie Sesamkörner, die in eine heiße Pfanne geworfen werden. Mir gefällt es nicht, sie zum König zu machen !"Und in diesem Sinne sprach sie den ersten Vers: |
"Einstimmig hat die Sippe ja
die Eule sich gewählt als Haupt.
Was ich so meine, sagt´ ich gern,
wenn es die Sippe mir erlaubt."
Um ihr die Erlaubnis zu geben, sprachen die Vögel den zweiten Vers:
"Sprich nur, was recht und nützlich ist,
mein Lieber ! Wir erlauben´s gern.
Oft ist ein Vogel klein und jung
und dennoch klug und trifft den Kern."
Als die Krähe so die Erlaubnis erhalten hatte, sprach sie den dritten Vers:
"Der Eule Wahl gefällt mir nicht,
ihr Freunde ! Prüft ihr Antlitz gut !
Jetzt ist sie heiter. Was für ein´s
zeigt sie uns erst, wenn sie in Wut ?"
Nachdem sie so gesprochen hatte, flog sie in die Luft auf, indem sie krächzte: "Mir gefällt sie nicht, mir gefällt sie nicht !" Auch die Eule erhob sich und folgte ihr. Von da ab hegten die beiden Feindschaft gegeneinander. Die Vögel aber wählten den stolzen Schwan zum König und flogen wieder auseinander.
ein Märchen aus der buddhistischen Schule des Dschätakam 2010 "Alte Schmiede" Schwesing-Bahnhof
PS. schauen Sie auch mal, was der große JANOSCH so alles verzaubert hat.
Heute würden die Vögel wohl sicherlich die "Tigerente" zum König wählen.